Täuschend echtes Lachen?

23. Jan, 2019 | Innenwelten und das Leben drumrum | 2 Kommentare

Ich saß heute im Zug hinter einem Jugendlichen, der seiner Mitschülerin(?) von seiner Flucht erzählt hat.
Wie das Boot vor der Türkei von türkischen Schiffen mit Wasser beworfen wurde, damit es sinkt. Das war wohl der gefährlichste Abschnitt, bis sie ins griechische Gebiet kamen. Einige mussten aus dem Boot raus und schwimmen, damit es leichter wird.
Er erzählte von Taxifahrern, die die Polizei rufen. Von Menschen, die auf der Flucht in den Wald gebracht, mit Waffen bedroht und ausgeraubt wurden. Er erzählte, dass einige nur in Unterwäsche zurückkamen – selbst die Kleidung hatte man ihnen weggenommen.

Seine Mitschülerin fragte ganz oft: „Hattest du keine Angst?“ und: „War das nicht schwer?“
Darauf antwortete er immer: „War normal.“
Und irgendwann: „Es ist egal, ob ich Angst hatte. Ich musste schwimmen.“

Hätte ich die Sprache nicht verstanden, weil sie deutsch sprachen, hätte es sich nach einer Plauderei angehört.

Das kenne ich auch von mir und anderen Überlebenden, wenn man über erlebte Gewalt spricht. Man plaudert drüber.
War aber eindrücklich, das so mitzubekommen.
Er hat sogar immer wieder gelacht beim erzählen.

So macht das unsere Psyche. Es ist nicht nur ein Schutz als Fassade nach außen, sondern vor allem eine Selbsttäuschung. Das Lachen beruhigt uns selbst und soll vor Emotionsausbrüchen (die man sich bei Gefahr und traumatischem Stress nicht leisten kann) bewahren.

Crazy, dass es einen unglaubwürdig macht. Man empfindet Mitgefühl mit jemandem, der in Tränen ausbricht. Nicht umbedingt mit dem, der lachend von Grausamkeiten erzählt.
Dabei ist es menschlich.

Die Nachrichten von ProAsyl und SeaWatch kann ich gar nicht mehr lesen, ohne zu weinen. Was hier auf der Welt passiert, ist einfach nur noch gruselig.

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